1964–2014 – 50 Jahre VDH

Anlässlich der Feier zum fünfzigjährigen Bestehen des VDH im Mai 2014 in Viernheim präsentierte die damalige Vorsitzende des Vereins Monika Wischnowski eine Zeitreise durch die Jahrzehnte von 1964 bis 2014. Was passierte im VDH und was passierte in der Welt? Welche Menschen prägten und gestalteten den VDH und welche KünstlerInnen, PolitikerInnen und WissenschaftlerInnen prägten das Weltgeschehen? 

Retrospektive, Situation und Perspektive des VDH

Rede zur Feier des 50. Gründungstages des VDH am 1. Mai 2014 in Viernheim von Monika Wischnowski

 

Liebe Mitglieder des VDH, liebe HarfnerInnen, liebe Freunde der Harfe,

 

fast zur richtigen Zeit feiern wir das 50-jährige Bestehen unseres Berufsverbandes. Schon 1963 begannen die Überlegungen von Dr. Hans-Joachim Zingel, Rudolf Schmidt, Ursula Lentrodt und Rose Stein, die Harfenspieler in unserem Land zu vereinigen, und sie gingen damit im Mai 1964 zum ersten Mal an die Öffentlichkeit. Leider bin ich Dr. Zingel nie persönlich begegnet, jedoch hat er mein Musik-Studium und auch mein weiteres Leben mit seinen Artikeln und Büchern begleitet und beschenkt. Und genau jetzt –2014– in dem sich der Beginn des Verbandes zu einem halben Jahrhundert jährt, hat sich der Sohn von Rudolf Schmidt per Mail bei mir gemeldet, und ich traf den Sohn von Dr. Zingel bei einer musikalischen Veranstaltung in Recklinghausen. Wie wunderbar rundet sich manches durch Zufälle.

 

So ein Jubiläum verführt dazu, auf die Anfänge zu schauen:

 

1964 – dieses Jahr brachte einige hervorragende Highlights mit sich. Zum ersten Mal wurde der Grimme-Preis verliehen. Den Friedensnobelpreis erhielt Martin Luther King. Präsident Lyndon B. Johnson unterzeichnete das Gesetz „Civil Rights Act“, dass das Ende der Rassentrennung in den USA besiegelte. In Südafrika wurde Nelson Mandela zu lebenslanger Haft verurteilt.

Und bei uns? In Deutschland war Ludwig Ehrhard Bundeskanzler und Heinrich Lübke Präsident. Die Babys wurden Sabine, Anja oder Susanne genannt, und die Jungs hießen Peter, Klaus oder Wolfgang. Die Kinder spielten mit Playmobil, und die Damen trugen Chanel-Kostüme. Man las Christa Wolf: „Der geteilte Himmel“ oder Jean-Paul Sartre: „Die Wörter“, und lauschte im Radio den Hits: „I want to hold your hand“ oder „Goldfinger“, gesungen von Shirley Bessey. Wer etwas auf sich hielt, erfreute sich im Lichtspielhaus an der Musical-Verfilmung von „My fair Lady“ oder erlebte die Uraufführung von „Hello Dolly“ in New York.

... und dann war da noch diese Harfen-Gruppe, die der Meinung war, dass man sich zusammenschließen sollte. Ungefähr dreißig Orchesterharfenisten zählten zu den ersten Mitgliedern des VDH und man nannte sich „Vereinigung deutscher Harfenisten“. Das Medium, diesen Kreis zu erweitern und Verbindung mit der Welt aufzunehmen, war der Brief und das gedruckte Heft. Man äußerte sich im Mitteilungsblatt, diskutierte in diesem Forum die Probleme der Harfe, der Pedaleintragungen, der Fingersätze, nahm Stellung zu Fragen der Harfe im Orchester und erörterte Unterrichtsmethoden. 1964 – Man schrieb mit der Schreibmaschine, telefonierte, und traf sich – wie das für einen guten Start passend und stilvoll ist – in der Gaststätte des Wiesbadener Hauptbahnhofes. Der Mitgliedsbeitrag? Mit 5 Mark im halben Jahr war man dabei. Es gab zwei Hefte im Jahr – eben dieses Mitteilungsblatt, mit interessanten Artikeln, Nachrichten aus der Harfenwelt, Hinweisen auf neue Noten, neue SCHALLPLATTEN und Konzerte für und mit Harfe. Schöne Bilder – witzig oder ernsthaft – schmückten die Berichte, ca. zwanzig bis dreißig Seiten dick war jedes Heft. Und es gab eine erste Satzung des Vereins. Von den Leistungen und Erfolgen dieses Vereins könnte man so viel berichten, dass ich nun – wegen der knappen zur Verfügung stehenden Redezeit – in großen Sprüngen durch die Jahrzehnte eilen will.

 

1974 – wir erinnern uns, Abba – Waterloo – ...

Das Skelett von „Lucy“ wurde entdeckt (Lucys Alter ist ca. 3,2 Millionen Jahre, da konnte der VDH noch nicht mithalten), und Deutschland war Gastgeber für die WM - DIE FUßBALLWELTMEISTERSCHAFT und – Sieger!!!

Ganz Deutschland war im Fußballrausch! - - - Nicht ganz, - nicht alle, - da war ja noch diese Harfen-Gruppe, der VDH.

In den ersten zehn Jahren ist viel passiert. Es verstarben berühmte Harfenisten: Marcel Grandjany und Henriette Renié, und es gingen Ernst Löffler, Rudolf Schmidt und Hans-Joachim Zingel.

 

1979 übernahm das Team: Konhäuser, Lederer, Lentrodt, Schäk, Schleicher, Sowa und Depenheuer die Weiterführung des Vereins, und 1981 fand die erste Vollversammlung des VDH in Wiesbaden statt. Nach der Wahl begann die Zeit des Vorsitzes von Ursula Lentrodt.

 

Ab ca. 1982 gab es von Seiten des VDH viele Bemühungen, die Harfe in den Wettbewerben bei ARD und „Jugend musiziert“ zu etablieren. Viele Gespräche, Telefonate und Überzeugungsarbeit waren nötig, bis von den Verantwortlichen eingesehen wurde, wie wichtig die Harfe auch für solche Veranstaltungen ist.

 

1983, nach der zweiten Vollversammlung, gab es einen Wechsel, und es übernahmen die Damen: Reichling, Konhäuser, Depenheuer, Munkel, Sowa und –  als einziger Mann – Oskar Werner, die Arbeit des VDH.

Der Mitgliedsbeitrag wurde auf 50 DM erhöht, und es ging mit voller Kraft voran!

 

1984 war es dann endlich so weit, die Harfenisten durften bei „Jugend musiziert“ mitmachen und kamen ab 1985 sogar bis zur Landesebene.

Besondere Ehre gab es 1986 für eine aus unseren Reihen: Das Land vergab das Bundesverdienstkreuz an Ursula Lentrodt.

 

1988 verlegte man die Versammlung - aus Platzgründen - und wählte als Tagungsort das „Hotel Oranien“ in Wiesbaden.

 

1989 – der VDH ist ein viertel Jahrhundert alt

Die Zielsetzung seit der Gründung hatte sich enorm erweitert: die Jugendarbeit und die Förderung des Nachwuchses stand nun im Zentrum der Bemühungen. Zum Jubiläumsjahr fand in Nürnberg das 1. Europäische Harfen-Symposium statt. Ein RIESENERFOLG!!! - und noch wusste keiner, dass dieser Initiative weitere Symposien folgen sollten. Der Orchesterkurs des VDH fand ebenfalls in Nürnberg statt.

Ein weiterer Erfolg war 1991 zu verbuchen: Zum ersten Mal wurde bei „Jugend musiziert“ die Harfe in der Kategorie Kammermusik gespielt.

Und wieder verließen uns bedeutende Harfenisten: Jonny Teupen, Pierre Jamet, Phia Berghout und Nicanor Zabaleta.

Der neugegründete Verlag des VDH hatte neunzehn Titel im Angebot. Mit 70 DM Mitgliedsbeitrag erhielt man im Jahr zwei Hefte mit achtzig Seiten spannender Information.

 

10 Jahre weiter – 1994 – die Kollegen Vera Munkel, Dodo Methelmann und Vera Dulova haben uns verlassen und es hatte der 1. Wettbewerb des VDH für Solo- und Orchesterliteratur in Weikersheim stattgefunden. „Das war“, wie ein Teilnehmer sich äußerte, „kein Wettstreit sondern ein Wettspiel“.

Es gab wieder einen Orchesterkurs, dieses Mal in Essen, und der Verlag führte schon einundzwanzig Titel.

Der Beitrag erhöhte sich auf 40 ..., und ab jetzt zahlen wir in Euro!

 

2003 gab es an der Spitze des VDH den nächsten größeren Wechsel. Dagmar Busse, Anne Hütten, Clotilde Oelmüller und ich bildeten das Team. Ursula Roleff kam später dazu. Wir wurden während unserer Amtszeit tatkräftig von den Beiräten Bamberger, Darringer, Pinder, Thiel, Moreton, Sowa, Templin und Voth unterstützt. Allen ein herzliches Dankeschön für die unermüdliche Arbeit für unsere gute Sache.

 

2004 – 40 Jahre! auch kein schlechtes Alter, oder?

Wir sind erwachsen geworden! Wir haben eine eigene Webseite (danke an Rainer Templin und inzwischen Christiane Voth), sind per Mail zu erreichen (jedenfalls meistens) und seit 2012 haben wir einen Newsletter, Dank an Silke Aichhorn. Wir wechselten unter Beibehaltung der Initialen VDH den Namen des Vereins und heißen ab jetzt „Verband der Harfenisten in Deutschland“. In der Gestaltung des Heftes gab es einen Wechsel in eine modernere Form. Der Einband bekam bei jeder Ausgabe eine andere Farbe, was Aufschwung zu weiteren Zielen signalisieren sollte. Es wurden neue Rubriken ausprobiert: Harfe und ..., H@rfen-Infos, Harfestudieren in Deutschland, Kindersaiten, Tipps – Was mache ich wenn ..., es wurden besondere Schwerpunkt-Hefte herausgegeben: z. B. Zingel, Harfe und Therapie, Engel, Harfe einmal anders, und eine Reihe von wunderbaren Glossen veröffentlicht (danke an Dagmar Busse). Nicht alles ist erreicht, aber vieles glückte uns.

Um in der Welt auf den VDH aufmerksam zu machen, wurde ein freundlich aussehender Flyer entworfen - helles Orange - eine Signalfarbe! Und die Signale wurden von der Welt so gut angenommen, dass wir schon bald eine Neuauflage starten mussten. An dieser Stelle möchte ich mich auch ganz besonders bei Sabine Thiel bedanken, die mit ausdauerndem Einsatz die Mitgliederliste führt, und „verlorene“ Mitglieder aufspürt. Heirat, Namensänderung, Umzug, seit fünfzig Jahren wird beklagt, dass manche vergessen, das dem VDH mitzuteilen!

 

2004 begann auch die „Wanderung“ des VDH durch Deutschland. Wir beschlossen, den Tagungsort des 1. Mai jedes Jahr in eine andere Stadt zu legen. Dadurch hatte jedes Mitglied einmal die Chance auf einen kürzeren Anreiseweg. Vor Ort waren dann immer die jeweiligen Harfenlehrer die Organisatoren. Große Anerkennung für den außerordentlichen Einsatz.

Leider hatten wir auch verstorbene Kollegen zu betrauern. Ursula Lentrodt, Dora Wagner, Ruth Konhäuser, Karl Fischer, Rudolf Frick, Fritz Helmis, Alfredo Frigerio, Erich Schubert, Doris Kalhlenbach, Rui Paz und Meta Link verließen die Harfen-Welt, ... und seit kurzem vermissen wir auch Ursula Holliger schmerzlich.

 

... und heute ... 2014 ?

Von ca. 30 Mitgliedern ist der Verband auf inzwischen mehr als 340 angewachsen. Das zeigt das stetig zunehmende Interesse an der Arbeit des Vereins. Die ursprünglich angesprochene Zielgruppe der Konzertharfenisten hat sich im Laufe der Jahre breit aufgefächert. Nun gehören auch Schüler, Studenten, Pädagogen, Harfenbauer, Komponisten, Harfner der Folkszene, Historiker, Laien und Freunde der Harfe zum Verband.

... und wir richten in diesem Jahr den 7. Wettbewerb des VDH aus.

 

... und ich habe eine Vision:

2015 sollen die Aufgaben des Verbandes in jüngere Hände übergeben werden. Die jungen Kollegen können ihre Fähigkeiten im Umgang mit der aktuellen Technik – zeitgemäß – für die Entwicklung und Kommunikation des VDH einsetzen. Vielleicht wird dann statt telefoniert geskypt und statt eines Papierheftes bekommen die Mitglieder den Zugangscode für ein virtuelles Heft.

 

Seit fünfzig Jahren entwickelt und wandelt sich der Verband aus den Ideen und Erfahrungen der Mitglieder, und ich bin überzeugt, dass eine so starke Gemeinschaft wie der VDH, auch in der Zukunft – beständig und innovativ – die Gründungsgedanken von 1964 weiter trägt!